Kauft man denn nicht einfach im Versandhandel oder von der Stange? Nein, machen einige Menschen grundsätzlich nicht und andere lassen sich zu besonderen Anlässen auch die Kleidung dazu auf Maß anfertigen. Uniformen, Priestergewänder und Theaterkostüme werden in Einzelanfertigung auf den Träger zugeschnitten gefertigt, oft mehrmals im Leben, denn selten passt die Uniform des jungen Leutnants noch dem in die Jahre gekommenen Oberstleutnant. Aber da da gibt es noch das Kleid für die Hochzeit, den Opernball, das Jahrestreffen eines Verbandes mit Ball und so fort. In den Chefetagen trägt man vorwiegend perfekt sitzende Anzüge, ebenso in Berufen, wo der seriöse Eindruck für das Kundengespräch ein Vertrauensverhältnis schaffen soll.
Bei einer Maßanfertigung hat man die Möglichkeit aus einer großen Auswahl die Materialien unter der fachkundigen Beratung des/der Maßschneiders/-in auswählen zu können.
Maßschneider und Maßschneiderinnen sind über die aktuellen Trends auf dem Laufenden und beraten ihre Kunden nach deren persönlichen Vorstellungen, weisen jedoch höflich auf Alternativen hin. Sie können vorhandene Schnittmuster mit Abbildungen von umgesetzten Entwürfen vorzeigen oder etwas gänzlich Neues kreieren.
Nun sind nur noch die Maße festzuhalten, mit Maßband oder Bodyscanner, sowie ein Termin für die nächste Anprobe und für den gewünschte Fertigstellungstermin zu vereinbaren. Auch ein grober Kostenvoranschlag oder ein Festpreis ist zu vereinbaren. Damit ist ein Vertrag zustande gekommen, der von beiden Seiten einzuhalten ist.
Nun ist der/die Maßschneider/-in mit seiner eigentlichen Arbeit für sich allein. Ein Schnittmuster (sozusagen die technische Zeichnung des Kleidungsstücks) wird erstellt oder ein vorhandenes an die Körpermaße angepasst, der Schnitt wird gradiert. Heute geschieht dies schon mit Programmen am Bildschirm. Das Material für das komplette Kleidungsstück wird aus dem Lager geholt oder bestellt, damit alles zur rechten Zeit verarbeitet werden kann.
Nach dem Zuschnitt der Einzelteile werden sie mit geeigneten Nähverfahren und -maschinen vernäht. Wenn die Ärmel eingesetzt sind, der Kragen und die Bünde appliziert wurden, die Kanten versäubert sind und das Futter eingenäht ist, folgt das Zubehör: Knöpfe, Reissverschlüsse, aufgesetzte Taschen etc. Brautkleider werden oft aufwändig mit Bändern, Borten und Spitzen verziert, das Gleiche gilt für das Abendkleid, wenn Pailletten Stück für Stück aufgenäht werden müssen - ein bisschen Glitzerglanz darf es schon sein.
Der Maßschneider oder die Maßschneiderin ist stolz auf jedes vollendete Einzelstück und wird es mit Sorgfalt für die erste Anprobe herrichten, mit Bügeln bekommt es den letzten Schliff.
Oh je, die Kundin hat sich mit Disziplin und Training in den letzten Wochen vor dem großen Tag nochmals in Form gebracht, Aufmaß und Realität divergieren. Kein Problem, denn solche Veränderungen in die eine oder andere Richtung sind eingeplant und die Korrekturstellen gut zugänglich mit leicht zu öffnenden Nähten bereits vorgesehen. Nach der zweiten, spätestens nach der dritten Anprobe verlässt der Kunde oder die Kundin mit Glücksgefühlen das Atelier.
Änderungen an bereits getragener Kleidung sind für solche Fachleute kein Problem, auch fertigen sie gern mal ein Phantasiekostüm aus getragenen Kleidern, wenn man zu einer Oldieparty geladen ist.