Täglich trinken wir aus Glasgefäßen oder füllen Flüssigkeiten aus Flaschen in Trinkgefäße aus Glas um. Wer stellt eigentlich die große Zahl an Gläsern her? Das ist der Beruf des/der Glasmacher/-in. Der größte Teil der Gläser für den täglichen Gebrauch, wie auch Flaschen und Einmachgläser wird vollautomatisch von Maschinen hergestellt, aber die kostbaren Gläser mit Goldrand, die verschiedenen Formen für die Bandbreite an Getränken, die hochwertigen Gläser mit Schliff; das erfordert schon ein besonderes handwerkliches Können.
Einem Glasbläser bei der Arbeit zuschauen zu dürfen, wie es in Glashütten des Bayerischen Waldes möglich ist, kann jeder als eine Bereicherung mitnehmen. Glashütten sind historisch in waldreichen Gebieten entstanden, denn die Glasmacher benötigten viel Holz um die Rohstoffe für die Glaherstellung schmelzen zu können. Außerdem mussten sie aus der Holzasche die Pottasche (Kaliumcarbonat) gewinnen; die Holzasche enthält ein wasserlösliches Salz, das ausgewaschen wurde und durch Eindampfen in Pötten gewonnen werden konnte. Zusammen mit dem Hauptrohstoff der Glasherstellung, dem Quarzsand, und Kalk stellte es die Grundstoffe für die Glasherstellung dar. Pottasche wird bei heutigen Gebrauchsgläsern weitgehend durch technisch hergestelltes Soda(Natriumcarbonat) ersetzt. Erst durch die Kombination des Quarzes mit den Alkalisalzen (Natrium- und Kaliumcarbonat) und dem Kalk kann die Temperatur der Glasschmelze so weit abgesenkt werden, dass Glas wirtschaftlich geschmolzen werden kann.
Die Rezepturen für die Glasschmelzen variieren, so wird beim Bleiglas ein Teil des Calciums aus dem Kalk durch Blei ersetzt. Die fertigen Mischungen werden in große Wannen eingetragen, die man Glashafen nennt. Das Wannenmaterial besteht aus feuerfesten Ausmauerungen, die Temperaturen bis 1700° C aushalten können. Da sich fast alle Stoffe in Glasschmelzen auflösen, wird der Glashafen korrodiert und außerdem verändert die Korrosion die Zusammensetzung der Schmelze, muss also möglichst gering gehalten werden. Der Schmelzprozess erfordert ca. 12h und vollzieht sich in mehreren Schritten vom Eintrag der kalten Rohstoffe über deren Einschmelzen, der thermischen und chemischen Homogenisierung(Rauschmelze) zur Feinschmelze. In diesem Stadium werden durch Läutermittel künstliche Gasblasen erzeugt, die verbunden mit einer Anhebung der Temperatur zu einer Selbstreinigung der Schmelze von Gaseinschlüssen führen. Schließlich fließt die geläuterte Schmelze nach Beruhigung und geringer Abkühlung über eine Lippe oder einen Siphon in die Arbeitswanne.
Hier stehen die Glasmacher/-innen auf der Arbeitsbühne und tauchen ihr Arbeitsgerät die Glasmacherpfeife, ein etwa 1,5 m langes Stahlrohr mit Mundstück, in die immer noch weißglühende Schmelze (ca. 1300°C). Sie entnehmen einen Schmelztropfen und drehen und wenden ihn auf einer Wälzplatte(marbeln) aus Gusseisen und drehen ihn dann in einem feuchten Holz bis eine runde Form gestaltet ist. Diese dickwandige Glaskugel, auch das Kölbel genannt, tauchen sie erneut in die Glasschmelze und lassen es wieder an (bringen es wieder auf höhere Temperatur). Nach erneuter Entnahme blasen sie das Kölbel in eine Negativform aus Holz, Graphit oder Gusseisen und einige Sekunden später hat das Oberteil des Glases seine Rohform. In der Regel übernimmt ein anderer Kollege oder eine Kollegin das Oberteil und setzt es auf vorgefertigte Stile an. Das fast fertige Glas wird mit einer Schablone abgeglichen und einem Kühlofen zugeführt. In der Endbearbeitung erfolgt noch das Abschneiden und Begradigen.
Besondere Gläser werden aus mehreren kleinen Glashafen entnommen, wenn es sich um das Zusammenführen verschiedener Einfärbungen zu einer mehrschichtigen Komposition handelt. Solche Kunstobjekte werden dann freihändig gestaltet und erfordern ein großes Können. Ein Beispiel sind Nachahmungen der römischen Diatretgläser, bei denen ein feines Flechtwerk von farbigem Glas auf einen Glasgrundkörper aufgesetzt ist.
Für die Massenproduktion von Flaschen, Schalen und Einmachgläsern greift man auf die maschinelle, voll automatisierte Fertigung zurück. Aus der Arbeitswanne fließt die Glasschmelze kontinuierlich in einen Aufgabetrichter, den Speiser. Von dort werden einzelne Tropfen abgeschnitten einer Form zugeführt und mit Pressluft angeblasen. Die Produkte werden mit Vakuumsaugern entnommen und Öfen zugeführt, um sie spannungsfrei herunterkühlen zu können. Abschließend erfolgt eine Qualitätskontrolle auf Fehler und eventuell noch eine werbemäßige Kennzeichnung. Der Fertigungsprozess wird über Rechner gesteuert und vom Glasmacher überwacht. Der Glasmacher übernimmt auch Arbeiten in der Wartung und bei der Umrüstung auf ein anderes Produkt.