“Du machst zwar täglich nicht viel, aber mit dem Bisschen befassen sich viele täglich!” pflegte ein Arbeitskollege vom Fach in einem Forschungsinstitut zu sagen. Treffender kann man es kaum ausdrücken; ein Einzelner kann für die persönliche Entsorgung schnell hinter einen Busch gehen, aber Zehntausende, Hunderttausende, Millionen gar? Wenn du darüber nach denkst, wird klar, dass Abwassertechnik eine bedeutende zivilisatorische Errungenschaft ist und dies nicht erst heutzutage, denn auch Rom hatte schon vor 2000 Jahren ein funktionierendes Abwassersystem und in der von Römern gebauten Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium(das heutige Köln) wurde das Abwasser fast schon hochmodern in unterirdischen Kanälen ungeklärt dem Rhein als Vorfluter zugeführt. Die Städte des Mittelalters erstickten dagegen im Gestank und Schlamm ihrer Fäkalien, bis in die zweite Hälfte des 19. Jhdt. hinein waren Cholera und Typhusepidemien keine Seltenheit. Erst seit der zweiten Hälfte des gerade vergangenen 20. Jhdt. sind in den Städten die letzten Sickergruben(Kloaken) verschwunden, aus denen von Zeit zu Zeit die Füllung in den Jauchewagen geschöpft wurde, um auf die Felder verbracht zu werden.
Heute ist zumindest in dichter besiedelten Regionen jedes Haus an das kommunale Abwassersystem angeschlossen und der ständige Abwasserstrom wird auch nicht mehr direkt in die Vorfluter (Bäche, Flüsse und Seen) eingeleitet, sondern wird gesammelt und kommunalen Klärwerken zugeführt. Dort werden die Abwässer mechanisch(Rechen, Sandfang, Absetzbecken), biologisch(Belebtschlamm, Faulturm), und chemisch(Vorfällung von Phosphat mit Kalk, Entkeimung des Klärschlamms mit Kalk) behandelt und erst nach sorgfältiger Prüfung in die Umwelt entlassen.
Daraus ergeben sich für Fachkräfte der Abwassertechnik vielfältige Aufgaben, denn Abwassertechnik ist eine Querschnittstechnologie, die viele Kenntnisse aus verschiedenen Sachgebieten in einer Person vereinigt. Die Inspektion von Leitungen mit kleinem Querschnitt erfolgt heute mit “Maulwürfen”, kleine fahrbare Roboter mit schwenkbaren Kameras, große Kanäle müssen in regelmäßigen Abständen auf ihren baulichen Zustand durch Begehung überprüft werden. Dabei werden oft große Abwasserströme kurzzeitig umgeleitet, die Untersuchungstrupps nicht zu gefährden.
In der Kläranlage erfolgt die routinemäßige Überwachung am Bildschirm, das ablaufende, geklärte Wasser ist zu beproben und nach standardisierten physikalischen und chemischen Verfahren zu prüfen. Das gleiche gilt für den ausgefaulten Klärschlamm, der einer landwirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden kann, in industriellen Anlagen verbrannt werden muss(nach Trocknung) oder zu deponieren ist.
Große Industrieanlagen der chemischen Industrie betreiben ihre eigenen Klärwerke, in diesen Fällen sind vertiefte chemische Kenntnisse zu erwerben.
Gut es müffelt ein bisschen, aber das hält sich in Grenzen - es ist für die Gesellschaft ein wichtiger und verantwortungsvoller Beruf. Spezialisten studieren Siedlungswasserwirtschaft sogar an Hochschulen, also bitte nicht die Nase rümpfen - irgend jemand muss sich ja um das Bisschen professionell kümmern, was wir täglich hinterlassen. Ein sicherer Arbeitsplatz mit großer Vielfalt.